Über die Kreativität in meinem Alltag als Lebens-Alpinistin

Für mich als Lebens-Alpinistin ist meine Kreativität eng verbunden mit meinem Instinkt. Belebt und geweckt wird er durch meine Einwilligung in die Realität meines Alltags und der Menschen, welche mir hierbei begegnen, sowie durch die Akzeptanz dieser.
Ich vergleiche den Prozess von Kreativität gerne mit puzzeln. Die Kunst besteht darin, Eindrücke und Impulse erstmal nur zu sammeln, wie Puzzleteile, diese jedoch nicht gleich zuordnen oder verstehen zu wollen. Also nicht sofort richtig „zusammenstecken“ zu wollen, um so auf schnellstem Weg das Bild zu formen. Der Impuls zum Sammeln entsteht aus dem, was mich instinktiv neugierig und mir Spaß macht.
Für die Umsetzung eines Projektes, der Vorbereitung für ein Seminar oder der Idee für einen neuen Blogeintrag, begebe ich mich in die Konzentration auf das Gegenwärtige. Ich sammle also Puzzleteile. Alles was mir an Gedanken, Emotionen und körperlichen Empfindungen begegnet, nehme ich aufmerksam wahr und lasse diese vorüberziehen, bis zu dem Punkt, an welchem eine eindeutige Inspiration in mir auftaucht. Dies ist der Startschuss einer Idee oder Vision. In diesem Moment ergeben die gesammelten Puzzleteile ein Bild und formen den Weg hin zur Verwirklichung. Jetzt bin ich im Fluss und mein Instinkt gibt mir den jeweils nächsten Schritt vor.
Meine Erfahrung ist die, dass intuitive Produktivität einfach ist, sobald die Inspiration da ist. Die Herausforderung im Umgang mit der eigenen Kreativität sind die Bewertungen und die Vorurteile, welche durch die Prägungen in der eigenen Geschichte und der Gesellschaft gegeben sind. Damit verbunden ist die Auffassung, dass der Alltag eine Last und unumgängliche Pflicht sei. Der Spaß kommt erst am Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub.
Natürlich ist es so, dass nicht jeder Mensch den Luxus besitzt, sein Hobby, die große Leidenschaft, zum Beruf zu machen, und nicht jeder kann sich seinen Alltag nach der eigenen Stimmungslage einteilen. Doch kann jeder für sich selbst entscheiden, wie man den eigenen Alltag erleben möchte.
Möchte ich mich kreativ und lebendig dabei fühlen, den Alltag nutzen für meine Inspiration und meine Projekte?
Dann ist die Form meiner Kreativität für dich das Richtige. Nichts bringt uns mehr in Kontakt mit der Realität als der eigenen Alltag. Sobald du dich dafür entscheidest, nicht länger funktionieren zu wollen, sondern zu leben, beginnst du die Realität deines Alltags als Inspiration für deine Projekte und deine Träume zu nutzen.
Ich selbst habe es so erlebt, dass das, was mich früher daran hinderte, die Realität anerkennen zu wollen, meine Angst vor Veränderung und Loslassen war. Also begab ich mich lieber in die Welt meiner eigenen Vorstellungen oder der Illusion einer besseren Zeit in der Zukunft.
Heute weiß ich, dass ich meinem Instinkt vertrauen kann. Er spürt sehr genau, was für mich stimmt, was mir schmeckt und was mir gefällt. Die Freiheit liegt für mich darin, diesen Impulsen zu folgen, die Puzzleteile zu sammeln und mich überraschen zu lassen darüber, was sich dadurch formt. So erlebe ich jeden Tag sich gestaltend, ohne hierbei meinen Terminkalender zu vernachlässigen. Manchmal sind es am Ende des Tages die kleinen „Aha“-Momente, in denen mir durch die Impulse des Tages ein Licht über mich oder mein Umfeld aufgeht. Es sind solche Bewegungen, die zur Umgestaltung und einer neuen Sichtweise in mir selbst führen. Und manchmal gebärt ein banaler Moment des Tages die Inspiration zu einer großen Idee in mir.
Die Voraussetzung für dieses lebendige und gestaltende Erleben meines Alltags ist meine Einwilligung in das, was gerade da ist: all die großen und kleinen Herausforderungen und Mühen des täglichen Lebens.
Es ist mein Loslassen davon, die Freiheit und die Lebenslust nicht länger im Außen und in der Befreiung von der Pflicht zu suchen. Definitiv braucht es für diese Haltung eine innere Präsenz und Lust auf das, was Gegenwärtig in mir selbst und meinem Umfeld da ist. Damit schaffe ich die Bereitschaft zur Veränderung, wenn mir mein Alltag nicht gefällt. Meine spielerische Haltung hierzu, in Form von Sammeln meiner unterschiedlichen Eindrücke, lässt mich instinktiv den Impulsen folgen, welche mir neue Möglichkeiten offenbaren können.
Als ich heute auf meinem täglichen Spaziergang eine kleine Kita-Gruppe antraf, in der ein Erzieher den anderen von Weitem zurief: „Und? Habt ihr Spaß gehabt?“, da musste ich schmunzeln, denn sollten wir uns nicht alle am Ende eines Tages selbst zurufen: „Und? Hab ich heute Spaß gehabt?“.
Damit meine ich nicht den oberflächlichen Spaß, welcher mehr der Ablenkung und der Flucht vor der Realität dient. Ich meine die Freude an der eigenen Bewegung und den Erfahrungen, welche ich hierbei mache. Die Frage am Ende des Tages sollte also sein: „Habe ich heute etwas Neues erkundet? Habe ich heute etwas gewagt? Hatte ich heute Freude an meinen Erfahrungen? Habe ich mich lebendig gefühlt in meinem Tun? Hatte ich Begegnungen und Momente, welche mich inspiriert und begeistert haben?“.
Nicht jede Inspiration des Tages lässt sich auf den ersten Blick als solche erkennen. Manchmal ist es gerade die Enttäuschung, der Ärger oder eine Ungerechtigkeit, welche inspiriert und in der eigenen Kreativität herausfordert. Dann liegt es an jedem selbst, die Ohnmacht und die Lebensangst zu wählen, oder sich ein Herz zu fassen, innezuhalten und sich in der Kunst der Gegenwärtigkeit zu üben.
So kann ich die Realität als meinen Freund und loyalen Begleiter anerkennen und beginne, in der kreativen Auseinandersetzung mit ihr über mich selbst hinauszuwachsen. Der Impulsgeber ist in solchen Momenten der eigene, untrügliche Instinkt, welcher auch in scheinbaren Niederlagen und Zurückweisungen kreative Wendungen entdeckt und am Ende zur Lösung und Bereicherung führt.

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