– Das eigene Tatmuster als einzige Alternative anerkennen –
In einem Gespräch mit meiner Tochter, in welchem sie mir über ein Telefonat mit einem Freund erzählte, tauchte bei ihr die Frage auf, ob sie in ihrer Art und Weise, die Dinge auf den Weg zu bringen, wirklich zu voreilig sei. Der Hintergrund hierfür war die gegenseitige Kritik in der Herangehensweise zur Umsetzung der eigenen Ziele. Meine Tochter kritisierte die abwartende Haltung ihres Freundes und dieser ihre spontanen Sprünge, wenn es darum geht, die Dinge anzupacken.
Im Nachklang bekam meine Tochter Zweifel, ob es nicht doch besser sei, Dinge abzuwarten, wie es ihr Freund tut. Sie hinterfragte ihre eigenen vergangenen Handlungen, in welchen sie enttäuscht wurde, oder Wege, die sie wählte und die nicht aufgingen. Sie schlussfolgerte, dass es also richtig sein könnte, abwartend und geduldig zu sein.
Für mich war es in diesem Gespräch wichtig, meine Tochter darin zu ermutigen, ihrem eigenen „Tatmuster“ treu zu bleiben und dieses für sich selbst zu akzeptieren und anzunehmen.
Die eigene Tatkraft, also wie ich die Dinge im ersten Schritt anpacke, zeigt sich meist im ersten spontanen Impuls. Je nachdem wie wir geprägt wurden, ist diese instinktive Reaktion gefördert oder abgelehnt worden, oder liegt ungenutzt brach.
Im Falle meiner Tochter ist das Tatmuster, plötzlich, unvorhersehbar und schnell zu handeln. Damit verbunden ist ihr eigener Fluchtimpuls in Momenten der Gefahr und der Enge, aber auch das Erkennen einer Chance und das spontane Ergreifen dieser.
Jeder Mensch ist anders und jeder Mensch hat seine eigene Art und Weise, die Dinge in Bewegung zu bringen. Solange ich im Vergleichen und Bewerten bin, leugne ich meine Kraft und die damit verbundene Eigenart. In gewisser Weise bleibe ich so im Widerstand gegen das Leben selbst. Das Leben fordert mich in der Einwilligung in die Erfahrungen, aktiv zu werden. Diese lassen mich einen Einblick in das Können meiner angelegten Tatkraft gewähren. Hierbei werde ich Fehler machen und Erfolge feiern. Beides ist wichtig, um die Meisterschaft in meiner Spezialität zu erlangen.
Die Suche nach einer Sicherheit im Außen, durch Vorgaben oder durch Regeln, führt zu Abhängigkeit und innerer Stagnation. Dadurch entsteht eine ständige unbewusste Angst vor eigenmächtigen Entscheidungen und damit verbundener Veränderungen.
Als klassische Homöopathin, zu Beginn meiner Selbstständigkeit, war ich immer wieder mit der Frage konfrontiert: Impfung, ja oder nein?
Ich erinnere mich gut an eine Mutter, welche sehr geplagt war von ihrer Sorge, ob sie konsequent den homöopathischen Weg gehen und keine Impfung vornehmen lassen soll, oder aus Angst vor drohender Krankheit doch in die Impfung ihrer Kinder einwilligen wird. In diesem inneren Widerspruch suchte sie die Sicherheit durch meine Autorität als Homöopathin. Sie wünschte sich von mir eine klare Vorgabe, am besten von einer homöopathischen Regel bestimmt.
Für mich war jedoch die Lösung klar: Die Mutter musste ihre eigene Angst anerkennen und ihr auch den gebührenden Platz geben. Es wäre aus meiner Sicht nicht gesund gewesen, die Impfung zu verweigern und sich damit in die permanente untergründige Unsicherheit zu zwingen, sobald das Kind krank werden würde. Davon hätte weder das Kind noch die Mutter etwas gehabt.
Das Tatmuster dieser Mutter war die Vorsicht und die Zurückhaltung. Der Anspruch und die Erwartungshaltung sich selbst gegenüber war die kompromisslose Hingabe an die Regeln der Homöopathie. So wollte die Mutter die Sicherheit gewinnen, „es richtig“ zu machen. Meiner Meinung nach war es eine eigenmächtige gesunde Entscheidung, die angelegte Vorsicht über die Regeln der Homöopathie zu stellen, ohne hierbei die Idee der Wirksamkeit in Frage zu stellen.
Sicherlich ist dies ein provokativer Ansatz gegenüber den Gesetzen der Homöopathie, welche die Impfung als eindeutige Unterdrückung der Lebenskraft sieht. In meiner Gesundheits-Philosophie geht es darum, die letzte Konsequenz in der Verantwortung dem eigenem Können gegenüber zu finden. Was bin ich fähig zu tun und zu tragen, und was bin ich nicht fähig zu tun oder zu tragen? Die Weisheit des Lebens liegt darin, das eine vom anderen unterscheiden zu lernen.
Für mich kann Berührung und damit verbundene Heilung nur geschehen, wenn ich innerlich entspannt und offenen Herzens bin. Diese Mutter wäre sicherlich angespannt und hart sich selbst gegenüber gewesen, wenn sie ihre Vorsicht nicht akzeptiert hätte.
Die Angst, es nicht richtig zu machen, wenn ich zu mir selbst stehe und zu dem, wie ich es machen kann und will, ist groß. Oftmals ist damit auch die Angst verbunden, keine Unterstützung oder Zuspruch vom Umfeld zu bekommen, sowie die Angst vor Schuldzuweisung, wenn durch die eigene Herangehensweise Andere von den Konsequenzen betroffen ist.
Für mich ist es eine Illusion, wenn ich die Absicherung in vorgegebenen Wegen suche. Damit flüchte ich vor der Eigenverantwortung und vor den damit verbundenen Anstrengungen, mir selbst gegenüber aufrichtig und meinem Tun gegenüber achtsam zu sein.
Als Lebens-Alpinist gehe ich immer meinen eigenen Weg. Eine Sicherheit durch vorgegebene Konstrukte und Regeln gibt es hierbei nicht. Die einzige Sicherheit ist meine Präsenz in meiner eigenen Gegenwart. Dies bedeutet nichts anderes als die radikale Verpflichtung mir selbst gegenüber. Es ist also von Vorteil, wenn ich frühzeitig mit meiner Art und Weise, die Dinge anzupacken, im Reinen bin. Damit pflege ich das Vertrauen meiner eigenen Anlage gegenüber, welche die beste Lebens-Versicherung ist.
Meine eigenen Erfahrungen zeigen, dass mein angelegtes Tatmuster in Notsituationen immer funktioniert. Hierbei verlasse ich mich auf meinen Instinkt und meine Intuition.