Über die Challenge des Alltags

Mit diesem Blogeintrag möchte ich eine kleine Hommage an die Lebensbühne des Alltags schreiben, welche uns tagtäglich viele kleine und manchmal ganz große Abenteuer offenbart. Es liegt an uns selbst, ob es uns gelingt, diese Herausforderungen als Chance zur persönlichen Entfaltung zu sehen, oder uns von den Gegebenheiten und der Verantwortung im täglichen Tun fremdbestimmt zu fühlen.

Ich selbst bin groß geworden mit dem Satz meiner Großmutter: „Jeder muss sein Kreuz tragen“. Damit meinte sie das Schicksal, welches jeder von uns trägt und gegen welches es sich nicht lohnt anzukämpfen. Die eigene Bestimmung sollte vielmehr hingenommen werden.
In meinen kindlichen Ohren klang das immer sehr schwer und ich fühlte förmlich die Last auf meinen Schultern. So ein „Kreuz“, diese Art von „Bestimmung“, wollte ich nicht tragen.

Heute möchte ich diesen Satz gerne aufgreifen und mit meiner eigenen Haltung zum Lebensalltag definieren. So verstehe ich das „Kreuz“ als die Vielzahl der Aufgaben, welche wir mit uns und unserer Wesensanlage tragen. Solange wir versuchen, die Norm des Alltags zu erfüllen oder uns den gegebenen Bedingungen ausgeliefert fühlen, empfinden wir unsere täglichen Aufgaben als ein „Kreuz“, welches es zu tragen gilt. Steht jedoch die Möglichkeit zum eigenen Wachstum hierbei im Mittelpunkt, dann haben wir plötzlich eine Wahl und können uns dazu entscheiden, eine Erfahrung machen zu wollen.

Ein Freund erzählte vor Jahren bei einem Plausch, er habe sich nun die Aufgabe gegeben, so viel wie möglich Barfuß zu laufen. Er nahm dies nicht als schwere Verantwortung wahr, sondern vielmehr konnte ich das persönliche Spiel dahinter sehen, jedoch auch den Ernst der Sache. Es war ihm also wirklich wichtig, sich selbst zu fordern in seiner ganz persönlichen Challenge.

Das hat mich inspiriert und begeistert, sodass ich ab diesem Moment ebenso damit begann, mir eigene Aufgaben zu stellen. Mein Alltag wurde so zu einer Spielwiese, welche mich dazu einlud, das Abenteuer in der Banalität und in den Kleinigkeiten zu entdecken.

Es ist der spontane Impuls, das unangenehme Gefühl bei einer Sache, eine körperliche Empfindung, oder die innere Berührung in einer Begegnung, welche die Neugierde und die Hoffnung, die Ängste oder die eigenen Widerstände wecken.

Diese unterschiedlichen Stimmungen und Botschaften in uns erscheinen meist wenig spektakulär, albern, unnütz, manchmal sogar egozentrisch, und wir schämen uns vielleicht sogar für diese Regungen, anstatt uns darüber zu freuen oder es spannend zu finden, ihnen Raum und Wert zu geben.

Genau an dieser Stelle setzt das Spiel des Alltags ein: sobald wir beginnen, das innere Drama nicht mehr zu bewerten oder es zu ignorieren, sondern es als Möglichkeit zu einer neuen Erfahrung begreifen, dann sind wir schon ganz nah dran am „Abenteuer Alltag“.

Unsere Haltung diesen unterschiedlichen Empfindungen gegenüber könnte sein: „Ah! Spannend, interessant, da möchte ich mehr dazu erfahren“. Dann beginnen wir, eine Challenge hieraus zu machen. Die Motivation sollte jedoch nicht sein: „Was steckt dahinter? Wie kann ich es lösen? Was kann ich tun?“ Sondern: „Mal sehen, was auftaucht!“

So können wir uns darauf einlassen, die Sache mal anders anzupacken, den Moment mit anderen Augen zu sehen, oder eine Empfindung einfach mal da sein zu lassen. Wir könnten zulassen, dass genau das Gegenteil von dem, was wir gerade wahrnehmen, richtig sein könnte. In gewisser Weise wagen wir in dem Moment eine innere „Erstbesteigung“ einer bisher unüberwindbaren Herausforderung, welche uns vielleicht wie ein riesiger Berg vorkommt. Oder wir wagen es, einen altbekannten Weg auf eine neue Art und Weise zu erkunden und lösen uns von bisherigen Glaubenssätzen und Verhaltensmustern.

Meine besten Impulse für eine neue Alltags-Challenge bekomme ich beim Sitzen im „Dynamischen Atmen“ oder nachts, wenn mich mal wieder meine innere Stimme weckt und mich dazu auffordert, aufzustehen und aufzuschreiben, was gerade in mir auftaucht.

In diesen Momenten denke ich: „Das ist genial, genau das muss ich jetzt tun, damit muss ich mich jetzt zeigen.“ Doch wenn es Morgen wird, oder ich vom Atmen aufstehe und es darum geht, diese Challenge in die Hand zu nehmen und dafür tätig zu werden, dann erscheint mir dieser Impuls doch etwas weltfremd oder nicht umsetzbar.

Da sich das Neue im ersten Schritt oft ungewohnt und falsch anfühlen kann, weiß ich in dem Moment, dass ich meinem Gedanken, meinem Impuls folgen muss. Meine Ängste nehme ich hierbei an die Hand, zeige mich und erlebe diesen Augenblick intensiv und sehr lebendig. Es ist nicht wichtig, ob ich damit richtig liege oder mich blamieren könnte. Das, was zählt ist, dass ich mich zum Ausdruck gebracht und mich selbst an dieser Stelle ernst genommen habe.

Ich meine damit: das Leben findet im tagtäglichen Tun statt und nicht in einer besseren Zukunft, nach Feierabend, oder im Urlaub.
Warum sollte ich auf das Leben warten, wenn ich es jetzt wagen kann, zu leben?
Warum sollte ich darauf hoffen, dass mein Leben spannend wird, wenn ich jetzt das Abenteuer leben kann?

Wenn wir erkennen, dass der Moment, in dem wir uns gerade jetzt befinden, genug und damit wertvoll ist, dann sind wir mittendrin in der Alltags-Challenge und vielleicht mehr auf der Spur unserer Lebensaufgabe als wir denken.

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